Januar 2020. Rovaniemi. Lappland. Finnland. Arktis.
John McGurk hat es wieder mal allen und sich selbst bewiesen und seine (Schmerz-) Grenzen neu verschoben.
Mit einem mulmigen Gefühl starteten zwei Mitglieder von S4acw, in Persona von John McGurk und Sven Kösters, die Reise in den hohen Norden Europas. Zusammen mit Mark und Tim Rauschen vom Modehaus L&T und weiteren 10 waghalsigen Schotten begaben sie sich auf eine Expedition über knapp 70 km durch Teile der Arktis. Neben dem Abenteuer stand aber vor allem der gute Zweck im Vordergrund.
(Foto oben v.l. Mark Rauschen, Tim Rauschen, Sven Kösters, John McGurk)
Jeder Teilnehmer muss durch Fundraising eine Spendensumme für die Kinderhilfsorganisation Children 1st erbringen. Und diese wiederrum arbeiten mit Breaking Strain Events aus Edinburgh zusammen, die die Durchführung der Expedition übernehmen. Des Weiteren wollen wir als Verein auch darauf aufmerksam machen, dass der Klimawandel kein Schauermärchen ist, sondern Realität. Klimawandel geht uns alle an und er schreitet stetig voran. Und genau deshalb lassen wir uns darauf ein und besuchen die Gebiete, wo der Klimawandel bereits eingesetzt hat.
Aber was erwartet einen so hoch oben im Norden? An was muss man denken? Welche Jacke hält das aus? Kann man bei der Kälte überhaupt schlafen? Bis zu minus 50 Grad hätten es werden können … nachts! …und tagsüber bis minus 20! …so hieß es in der Ausschreibung. Unsere Teilnehmer aus Osnabrück waren totale Neulinge in diesem Bereich des Ausdauersports. Eine gezielte Vorbereitung darauf war schier unmöglich.
Durch L&T haben wir einen topp Partner an unsere Seite bekommen, der all diese Fragen um Ausrüstung und Kleidung beantworten konnte. Vielen Dank an dieser Stelle an das Modehaus in Osnabrück. Wir wissen nun, mehr denn je, was es bedeutet, topp ausgestattet und gut gerüstet zu sein, um sportlich aktiv die Natur zu erleben.
Nun zum Hautnah-Bericht, los geht’s…
Der Trek startete um 9 Uhr am 22.01.2020 in Rovaniemi, in der Heimat von Santa Claus. Am Fluss Kemijoki, in der Nähe des Stadtzentrums, erlebten wir jedoch das zweite Mal auf unserer Reise, dass dieser Winter auch hier oben in Lappland anders ist. Gegenüber den letzten Jahren war der Fluss nicht vollends gefroren, so dass es verboten war, diesen zu betreten. Bereits Helsinki begegnete uns in einem Braun und Grau… was ebenfalls höchst ungewöhnlich war zu dieser Jahreszeit.
So ging es also los, zunächst am Fluss entlang und etwas später dann auf dem gefrorenen Fluss … Kilometer für Kilometer bis die Sonne aufging. Wir drehten uns um, und konnten es kaum fassen, wie wunderschön ein Sonnenaufgang doch aussehen kann. Ein erstes Highlight auf unserem Weg.
Die Zeit bis zum Sonnenuntergang sollte also genutzt werden, um die erste von drei Etappen hinter sich zu bringen. Mit 28 km war der erste Tag gleichzeitig der längste. Immer wieder waren wir von der Natur fasziniert, obwohl die Temperatur so bitterkalt war. Die langen Passagen am Fluss, die nur geradeaus gingen, zerrten schon an den Nerven. Jedoch war die Stimmung gut und der schwarze Humor der Schotten tat dazu sein Übriges. Es wurde dunkler, die Sonne verschwand um 15.30 Uhr. Wir kamen wieder runter zum Fluss. Die Temperatur sank auf ca. -12 Grad. Jetzt wollten alle nur noch ins Camp. Bei den ersten schwanden die Kräfte. Geredet wurde nicht mehr viel.
Das Camp lag direkt am Fluss, an einer kleinen Lichtung. Das Lagerfeuer war bereits an. Zwei Guides waren extra dafür da, um das Camp vorzubereiten. Gott sei Dank. Es waren Tag für Tag unsere Engel, die uns Tag für Tag unsere einzigen Wärmequellen schenkten… Abends das Feuer und morgens Porridge mit heißem Wasser.
Die Nacht war grausam, die sanitären Anlagen kaum zumutbar, überall Feuchtigkeit, Nässe, Frost, und in den Zelten schlichtweg eine Enge, die nicht auszuhalten war. Die Erschöpfung brachte uns dennoch irgendwann in den Schlaf… nachts dann eine Stimme… Rick, unser Guide „Is anyone still awake? The Northern Lights are easy to see.“ Das wollten wir uns nicht entgehen lassen… es war wirklich eine Qual bei der Kälte… aber für die Polarlichter macht man es. Es waren -20 Grad. Wir rappelten uns also auf und schlüpften in die Stiefel, dann raus und runter zum Fluss. Der Anblick war allerdings ernüchternd, da die Nordlichter sehr sehr schwach zu sehen waren… leider.
Erste Nacht gemeistert
Das Aufwachen im warmen Schlafsack war irgendwie anders. Der Kopf war gefühlt unterkühlt und alles um dich herum war nass und frostig. Die Handys sprangen von abends 80% Akku auf 10%. Das Aus- und Umziehen im Zelt war anstrengend und nervenaufreibend. Erst als man die dicke Jacke von Mammut anhatte, fühlte man sich warm und geborgen.
Das Frühstück war einfach und simpel. Der Hunger trieb den Porridge aus der Tüte rein und das Toast ohne was drauf war einfach lecker. Taschen packen, Pulk (=Schlitten) bestücken, Zelt abbauen, sämtlichen Müll im Camp aufsammeln und los ging Tag zwei. 23 Kilometer.
Es ging direkt einen kleinen Hügel hoch. Nachteil: anstrengend, Vorteil: Körper ist warm Die Guides sagten, dass es heute schneien solle. Die Guides sagten auch, dass das „auf und ab“ der Strecke uns heute noch einige Male begleiten solle. Gut soweit, nehmen wir so hin, uns blieb nichts anders übrig. Die Landschaft war auch am zweiten Tag atemberaubend… es gab viele Single-Trails, die uns zwangen, hintereinander zu bleiben. In dieser Zeit merkte man, dass jeder viel mit sich alleine beschäftigt war. Ein Fuß vor dem anderen setzen und Meter machen. Die Temperatur lag bei -10 Grad. Kurz vor der Dämmerung kam dann der Schnee. Wunderschöner Neuschnee. Passend zu den letzten vier Kilometern, die einfach nur berghoch gingen… jeder machte nur noch sein Tempo und wollte nach oben. Denn da oben war das Camp. Angekommen und angeschwitzt/durchgeschwitzt war es wichtig, frische warme Kleidung anzuziehen. Also Zelt auf und sich erstmal sortieren. Die waterproof-Tasche hält, was sie verspricht und nichts war nass von innen.
Luftmatte aufpusten, Schlafsack ausrollen, Taschen reihen, umziehen, Schuhe wieder an, dicke Jacke überziehen… man, war das ein Akt! Man wurde mit Wärme belohnt. Das Lagerfeuer und das Essen waren immer ein guter Abschluss des Tages. Jeder hatte viel zu erzählen. Hier wurde auch wieder viel gelacht, sich ausgetauscht und gegenseitig viel gelobt. Der warme Tee war die reinste Zugabe zu dem kleinen Burrito “auf die Hand”. Kurz vor dem Zubett gehen haben uns die Guides noch mitgeteilt, dass die Polarlichter aufgrund der Wolken und dem fallenden Schnee kaum bis gar nicht zu sehen sein werden. Somit konnten wir uns aufs Schlafen konzentrieren.
Eigentlich war jeder froh, wenn er aufstehen konnte…
… aber auch nur, wenn das nasse, enge Zelt nicht wäre. Der letzte Tag im Schnee lag nun also vor uns, nochmal 16 Kilometer. Die Sonne strahlte uns an, die Stimmung war wie immer gut… alle wollten zur Finishline. Bisher hatten wir keine Ausfälle zu verzeichnen. Trotzdem hatten die Guides immer reichlich zu tun, um dem einen oder anderen zu helfen, oder mental aufzubauen. Wir gehörten glücklicherweise zu denen, die weder körperlich untrainiert noch miserabel ausgestattet waren. Im Vorfeld wurden wir im zweiten Punkt schon reichlich gelobt und dies wurde uns als Tugend ausgelegt. „Made in Germany. Natürlich nur beste Qualität“. Das Kompliment können wir auch an dieser Stelle nur an unseren Partner L&T weitergeben. Denn wenn wir uns auf etwas verlassen konnten bei dem Trip, dann war es die topp Ausrüstung.
Der Tag auf den Trails war noch einmal sehr beeindruckend. Die Landschaft war atemberaubend. Laut der Kilometerangabe waren es nur noch wenige Meter bis ins Ziel, der letzte Downhill stand an. John hatte bereits seinen Kilt zurechtgelegt und ihn über seine Schultern geworfen. Wir stoppten und er wechselte von Hose auf Schottenrock. Nach knapp 70 km, 2,5 Tagen, ca. 100.000 Schritten waren wir am Ziel. In Rovaniemi gestartet erreichten wir am 24.01. das Ziel beim Arctic Snow Hotel.
Auf dem Gruppen-Ziel-Foto sah man die Freunde der Teilnehmer. Reagan von Children 1st verkündete beim gemeinsamen Abendessen, dass das Team zusammen über 100.000 € für hilfsbedürftige Kinder in Schottland spenden kann. Das ist eine stolze Summe. Und wir sind ein Teil davon. Mit Schweiß und einem neuem Kälteempfinden können wir sagen, dass wir alles gegeben haben. (Bericht von Sven Kösters)
Dank an die Klimabotschafter der Ursulaschule und weitere Partner
Soviel also zu dem kleinen kompakten Einblick in die Gefühlswelt unserer Teilnehmer aus Deutschland.Bedanken möchten wir uns bei unseren Partnern Klöcker+Partner, Große Kracht, L&T Sporthaus, sowie bei einigen Privatspendern. Des Weiteren möchten wir eine tolle Zusammenarbeit mit der Ursulaschule hervorheben. Zusammen mit der Schuldirektion und den Klimabotschaftern (Klima-AG) konnten wir ein tolles Zeichen setzen und ein Plakat der Forderungen von der Ursulaschule und der jungen Generation zeigen.
Die Welt hat viel zu bieten, Mutter Natur hat viel Kraft und so viel Schönes in petto.
Aber wir haben gesehen, dass einer der wärmsten Winter aller Zeiten in Finnland herrschte. Ein Finne vor Ort meinte, dass es der wärmste Winter seit 100 Jahren war. Eine Aussage, die wir nicht verbergen möchten. In Rovaniemi fehlten bis zu 2 Meter Schnee in der Stadt, es war viel zu warm und der Fluss war deutlich weniger gefroren als die Jahre zuvor.
Klimawandel? Ja bestimmt. Wir haben Ihn gesehen.